Die Strassen sind blockiert, Züge verspäten sich oder fallen aus – bei starkem Schneefall oder Eisglätte stellt sich vielen Pendlern die Frage: Muss ich trotz des Wetters zur Arbeit erscheinen? Das Obligationenrecht (OR) kennt keine automatische Regelung wie "Schneefrei". Wir klären, in wessen Verantwortung der Arbeitsweg liegt, wann Sie zu Hause bleiben dürfen und wann der Arbeitgeber Ihnen den Lohn schuldet.
Arbeitsweg ist Privatsache: Sie tragen die Verantwortung für den Arbeitsweg. Bei Verspätung durch Schnee oder ÖV-Ausfall schuldet Ihnen der Arbeitgeber keinen Lohn für die versäumte Zeit.
Nachholpflicht: Die verpasste Zeit müssen Sie in der Regel nacharbeiten oder mit Überstunden/Ferien kompensieren. Sanktionen (wie eine Abmahnung) sind bei unverschuldeter Verspätung nicht erlaubt.
Lohn nur bei Kinderbetreuung: Sie dürfen nur dann zu Hause bleiben und erhalten Lohn (Art. 324a OR), wenn Sie Ihr Kind wegen des gefährlichen Schulwegs betreuen müssen und es nicht allein gelassen werden kann.
In der Schweiz gilt der klare Grundsatz: Der Arbeitsweg gehört zur persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers.
Keine Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers (Art. 324 OR): Wenn Sie wegen starken Schneefalls, vereister Strassen oder ausgefallener Verkehrsmittel nicht oder verspätet im Büro erscheinen können, liegt die Verantwortung und das Risiko bei Ihnen. Die Zeit, die Sie zu spät kommen, müssen Sie in der Regel nacharbeiten.
Kein Recht auf Homeoffice: Besteht keine vertragliche Vereinbarung oder eine Weisung des Arbeitgebers für Homeoffice, haben Sie bei schlechtem Wetter kein einseitiges Recht, von zu Hause aus zu arbeiten, selbst wenn dies möglich wäre. Klären Sie dies immer vorab mit Ihrem Vorgesetzten.
Wenn Sie unverschuldet (also wegen höherer Gewalt wie extremer Witterung) nicht zur Arbeit erscheinen können, entsteht ein Leistungshindernis.
Nachholpflicht: Der Arbeitgeber kann verlangen, dass die ausgefallene Arbeitszeit nachgearbeitet oder als Überstunden/Ferien kompensiert wird.
Abmahnung / Kündigung: Da die Verspätung nicht schuldhaft ist, darf Ihnen die Arbeitgeberin keine Sanktionen (wie eine Abmahnung oder Kündigung) auferlegen. Sie müssen jedoch alles Zumutbare unternehmen, um pünktlich zu erscheinen (z.B. früher aufstehen, Alternativen prüfen).
Die einzige Situation, in der der Arbeitgeber Ihnen trotz Abwesenheit den Lohn bezahlen muss, ist, wenn Sie wegen der Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht zu Hause bleiben müssen.
Betreuungspflicht von Kindern: Kann Ihr schulpflichtiges Kind wegen des gefährlichen Schulwegs (z.B. Lawinengefahr, vereiste Schulwege) nicht zur Schule gehen und kann das Kind nicht allein zu Hause betreut werden (weil es z.B. noch zu klein ist), handelt es sich um eine gesetzliche Betreuungspflicht.
In diesem Fall schuldet Ihnen der Arbeitgeber den Lohn für die notwendige Dauer der Abwesenheit (Art. 324a OR, Dauer gemäss Berner oder Zürcher Skala), da es sich um eine unverschuldete Verhinderung aus einem persönlichen Grund handelt.
Sind Sie bereits auf einer Dienstreise (also unterwegs für den Arbeitgeber) und werden durch das Wetter aufgehalten, gilt die Zeit als Arbeitszeit. In diesem Fall muss Ihnen der Arbeitgeber die Zeit vergüten.
Das A und O ist Kommunikation: Informieren Sie Ihren Vorgesetzten sofort bei Schwierigkeiten auf dem Arbeitsweg und dokumentieren Sie die Gründe (z.B. ÖV-Ausfall, Strassensperrung). Bieten Sie aktiv an, die verpasste Zeit nachzuarbeiten oder – falls es die Stelle erlaubt – von zu Hause aus zu arbeiten. Das beweist guten Willen und reduziert das Konfliktpotenzial erheblich.
Gepostet am 10. Dezember 2025