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Zuletzt aktualisiert am 10. Dezember 2025

Darf mich mein Chef mit KI überwachen? Regeln zur Performance-Analyse und Kontrolle in der Schweiz.

Die Verlockung für Arbeitgeber ist gross: Künstliche Intelligenz (KI) verspricht eine lückenlose Performance-Analyse und maximale Effizienz am Arbeitsplatz. Doch wo fängt die Kontrolle an und wo endet der Schutz der Privatsphäre? Das Schweizer Recht setzt der KI-Überwachung enge Grenzen. Wir zeigen Ihnen, welche Rechte Sie als Arbeitnehmer haben, welche KI-Anwendungen erlaubt sind und wann Ihr Chef gegen das Datenschutzgesetz (DSG) verstösst.

Auf einen Blick

  • Systematische Überwachung ist verboten: Ihr Chef darf keine KI-Systeme einsetzen, die das individuelle Verhalten oder die Leistung systematisch überwachen (z. B. ständige Protokollierung der Tastaturanschläge oder der Mausbewegungen).

  • Transparenz ist Pflicht: Werden Daten analysiert, muss Ihr Chef Sie vorab und transparent darüber informieren. Eine heimliche Überwachung ist grundsätzlich illegal.

  • Harte Grenzen für sensible Daten: Der Einsatz von KI zur Analyse Ihrer E-Mails, Chats oder zur Verwendung biometrischer Daten (z. B. Gesichtserkennung) ist äusserst streng reglementiert und in der Regel ohne Ihre freie Zustimmung unzulässig.

Die rechtliche Grundlage: Privatsphäre vs. Arbeitgeberinteresse

In der Schweiz kollidieren das Interesse des Arbeitgebers an Kontrolle und Produktivität mit dem Persönlichkeitsschutz der Mitarbeiter. Das Gesetz zieht hier klare rote Linien.

Das generelle Überwachungsverbot (Art. 26 ArGV 3)

Die wichtigste Regel vorweg: Systeme, die dazu bestimmt sind, das Verhalten von Arbeitnehmern zu überwachen, sind in der Schweiz verboten. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Überwachung aus anderen Gründen (z.B. Sicherheit, Produktionssteuerung) zwingend notwendig ist. Dies bedeutet:

KI als Verhaltensdetektor: Der Einsatz von KI-Tools zur kontinuierlichen, systematischen Analyse des individuellen Arbeitsverhaltens (z.B. Tippgeschwindigkeit, Pausen, Stimmung) ist grundsätzlich illegal.

Das Prinzip der Verhältnismässigkeit (DSG & OR)

Selbst wenn eine Überwachung erlaubt wäre (z.B. aus Sicherheitsgründen), muss sie stets dem Prinzip der Verhältnismässigkeit genügen. Das heisst:

  • Die Überwachung muss geeignet sein, das Ziel zu erreichen.
  • Sie muss erforderlich sein (es darf keine mildere Massnahme geben).
  • Sie darf das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters nicht übermässig einschränken.

Die Informationspflicht des Arbeitgebers

Wird überhaupt eine Form der Leistungs- oder Verhaltensanalyse durchgeführt (auch wenn sie nicht verboten ist), müssen Arbeitnehmer vorab und transparent darüber informiert werden. Eine verdeckte Überwachung ist nur in extrem seltenen Fällen (z.B. bei konkretem Verdacht auf eine Straftat) zulässig.

Spezifische KI-Anwendungen im Fokus der Kontrolle

Nicht jede Form der KI-Analyse ist gleich strikt geregelt. Entscheidend ist, welche Daten verarbeitet werden.

Performance-Analyse und Zeitmessung durch KI

Der Einsatz von KI zur Analyse von aggregierten, anonymisierten Daten (z.B. Auslastung einer Abteilung) ist in der Regel unproblematisch. Sobald die KI jedoch individuelle Profile erstellt oder Rückschlüsse auf die Leistung Einzelner zieht, um Druck auszuüben, verstösst dies in der Regel gegen das Überwachungsverbot.

Beispiel: Eine KI, die genau erfasst, wie oft ein Mitarbeiter tippt und wann er auf eine andere Anwendung wechselt, ist nicht erlaubt.

KI-Scanning von Kommunikation (E-Mails, Chats)

Die Überwachung der privaten Kommunikation ist streng verboten. Die Überprüfung von geschäftlicher Kommunikation durch KI ist nur zulässig, wenn ein legitimes Interesse (z.B. Filterung von Viren, Spam oder verbotenen Inhalten) besteht. Eine Analyse des Inhalts zur Bewertung der Mitarbeiterleistung oder zur Stimmungsanalyse (Sentiment-Analyse) ist unzulässig.

Einsatz von biometrischen Daten und Gesichtserkennung

Biometrische Daten (wie Gesichtsmerkmale zur Anwesenheitskontrolle oder emotionale KI-Analyse) gelten als besonders schützenswerte Daten gemäss DSG. Ihr Einsatz ist äusserst restriktiv und erfordert in der Regel die ausdrückliche, freiwillige Zustimmung des Mitarbeiters, die im Arbeitsverhältnis oft nicht gegeben ist.

Was können Arbeitnehmer bei Verstössen tun?

Stellt ein Arbeitnehmer fest, dass der Chef ihn unzulässig mit KI überwacht, hat er das Recht, dies zu beanstanden. Er kann verlangen, dass die Überwachung eingestellt und die gesetzeswidrig erhobenen Daten gelöscht werden. Bei Uneinigkeit oder bei besonders schweren Verstössen kann eine Klage auf Unterlassung und eventuell Schadenersatz eingereicht werden.

Fazit 

Der Einsatz von KI zur Mitarbeiterkontrolle ist in der Schweiz kein Freifahrtschein für den Arbeitgeber. Das Gesetz schützt die Persönlichkeit der Mitarbeiter stark.

JUSTIS Tipp

Als Arbeitnehmer haben Sie ein Recht auf Transparenz. Wird im Unternehmen KI zur Leistungsanalyse eingesetzt, verlangen Sie Auskunft darüber, welche Daten gesammelt werden und welchem Zweck dies dient. Werden Sie ohne triftigen Grund systematisch überwacht, ist die Massnahme rechtswidrig und muss umgehend gestoppt werden.

Gepostet am 10. Dezember 2025