Familie

Zuletzt aktualisiert am 16. Oktober 2023

Ihr «Letzter Wille» - Wie sieht die gesetzliche Erbfolge aus?

Auch wenn Sie Ihrer Familie, Freunden und Bekannten immer wieder mündlich mitgeteilt haben, wer nach Ihrem Tod was und wie viel erhalten und somit die Früchte Ihres Lebens geniessen soll: Liegen weder Testament noch Erbvertrag vor, wird nach der gesetzlichen Erbfolge verteilt. Denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass Sie Ihr Vermögen denjenigen hinterlassen wollen, die Ihnen am nächsten stehen, sodass Ihr Nachlass «in der Familie» bleibt.

1. Verwandte Erben (Stammesordnung) 

  • Dazu gehören die Nachkommen des Erblassers, welche zu gleichen Teilen erben. Anstelle vorverstorbener Kinder, treten deren Nachkommen (= Enkelkinder). 

  • Ebenso zählt zu den verwandten Erben der Stamm der Eltern. Die Eltern des Erblassers erben nur in Fällen, in denen keine Nachkommen vorhanden sind, zu gleichen Teilen. Lebt ein Elternteil bereits nicht mehr, fällt dessen Anteil an seine Nachkommen, d.h. an seine anderen Kinder/Enkelkinder etc. Hat der verstorbene Elternteil keine anderen Nachkommen als den Erblasser, erhält der überlebende Elternteil beziehungsweise (im Todesfall) dessen Stamm das komplette Erbe. 

  • Hinterlässt der Erblasser weder Nachkommen noch Eltern (respektive deren Stämme), wird das Erbe zu gleichen Teilen unter den Grosseltern (respektive deren Stämmen) aufgeteilt. 

  • Hinterlässt der Erblasser keine Erben, also auch nicht im Stamm der Grosseltern, fällt das Erbe an den Kanton, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, oder an eine vom Kanton zu bezeichnende Gemeinde.

 

Mithilfe vier Regeln, können Sie nachprüfen, wer Ihre gesetzlichen Erben sind. 

Grundkonstellation

Beispiel: Grossmutter Anna und Grossvater Hans haben Tochter Nina und Sohn Lukas. Nina hat einen Sohn Léon und Lukas eine Tochter Emma.

Regel 1 

Ein näherer Stamm schliesst einen Entfernteren von der Erbfolge aus. 

Beispiel 1: Nina stirbt, ihr Sohn Léon erbt alles, ihre noch lebenden Eltern Anna und Hans sind von der Erbfolge ausgeschlossen. 

 

Regel 2

Innerhalb eines Stammes erbt nur die oberste Generation. 

Beispiel 2: Grossmutter Anna stirbt, ihr Mann Hans ist bereits vorverstorben: Tochter Nina und Sohn Lukas erben je zur Hälfte, die Enkel Léon und Emma erben nichts. 

 

Regel 3 

Im Fall des Vorversterbens eines Nachkommens, treten dessen Nachkommen an dessen Stelle. 

Beispiel 3: Grossvater Hans stirbt, sein Sohn Lukas ist bereits vorverstorben. Lukas Tochter Emma und Nina erben je zur Hälfte.

 

Regel 4

Wenn der Erblasser keine Nachkommen hinterlässt, fällt die Erbschaft hälftig an die Mutter- und Vaterseite.

Beispiel 4: Stirbt Léon, erben seine Mutter Nina und sein Vater. Die Erbfolge endet mit dem dritten Stamm. Sollten keine Verwandten dieses Stammes vorhanden sein, erbt meistens die Gemeinde und der Kanton (je nach Kanton).



Aussereheliches Kind

Es besteht ein uneingeschränktes Erbrecht zwischen Mutter und deren Verwandtschaft; hat der Vater das Kind anerkannt bzw. ist Vaterschaft in einem Gerichtsurteil festgestellt worden, besteht das Erbrecht auch gegenüber dem Vater und dessen Verwandtschaft.


Stiefkinder

Stiefkinder und -eltern sind nicht verwandt und haben somit auch kein Erbrecht.

Wichtiger Hinweis: In Patchwork-Familien kann es zu als ungerecht empfundenen Ergebnissen kommen! Dies vermeiden Sie z.B., wenn sie Vor- und Nacherben einsetzen. Denn wenn ein Ehegatte den anderen beerbt und anschliessend verstirbt, vererbt sich sein eigenes und das geerbte Vermögen nur auf seine Erben.

Beispiel 1: Witwer Anton hat zwei Kinder aus erster Ehe, Ben und Carl. Nach ein paar Jahren heiratet er Daniela, mit der er ebenfalls zwei weitere Kinder, Mia und Fabienne, hat. Als Anton stirbt, erbt seine jetzige Frau Daniela die Hälfte, und seine vier Kinder je ein Achtel.

Beispiel 2: Als Daniela verstirbt, erben nur ihre leiblichen zwei Kinder Mia und Fabienne ihr gesamtes Vermögen - mitsamt der Hälfte, die sie von Anton geerbt hat! – je zur Hälfte. Ben und Carl, die zwei Kinder aus Antons erster Ehe, gehen leer aus, da sie mit Daniela nicht verwandt sind und auch nicht von ihr als Erben eingesetzt wurden. Ohne besondere Regelung im Erbvertrag oder Testament von Anton oder Daniela, stehen Ben und Carl schlechter da, weil die andere Hälfte des Erbes ihrer verstorbenen Mutter zunächst an Anton, anschliessend an Daniela und letztendlich an Mia und Fabienne weitervererbt wurde!


2. Überlebende Ehegatten und eingetragene Partner

Ehegatten bzw. eingetragene Partner sind zwar mit dem Erblasser nicht verwandt, aber dennoch gesetzliche Erben. Eingetragene Partner sind Ehegatten völlig gleichgestellt. Der überlebende Ehegatte bzw. eingetragene Partner erhält:

  1. wenn er mit Nachkommen zu teilen hat, die Hälfte der Erbschaft; 
  2. wenn er mit Eltern und deren Stamm zu teilen hat, drei Viertel der Erbschaft;
  3. in allen anderen Fällen die ganze Erbschaft.

Kinderlose Paare unterliegen oft der falschen Annahme, dass der Überlebende alles erbt. Dies ist aber nicht der Fall, denn die gesetzlichen Erben (z.B. Eltern) erhalten ihren Anteil. In einem Ehevertrag, Erbvertrag oder auch Testament kann die gesetzliche Quote (nicht aber der Pflichtteil) aufgehoben und dem Überlebenden zugewandt werden.

Wichtiger Hinweis: Geschiedene Ehegatten haben kein gesetzliches Erbrecht mehr. Ein Ehegatte bzw. eingetragener Partner kann sich auf das gesetzliche Erbrecht nur berufen, solange die Ehe bzw. eingetragene Partnerschaft besteht. Leben die Ehegatten bzw. eingetragenen Partner getrennt, behalten sie jeweils ihr Erbrecht. Sind sie geschieden, hat der Ex-Ehegatte bzw. Ex-eingetragene Partner keinen gesetzlichen Anspruch mehr auf den Nachlass. Heiratet der Erblasser erneut, wird der neue Ehepartner bzw. eingetragene Partner dessen gesetzlicher Erbe.

 

Gepostet am 5. September 2018