Verkehr

Zuletzt aktualisiert am 20. April 2025

Winterreifenpflicht in Europa: Klare Regeln in der Schweiz und den Nachbarländern

Die kalte Jahreszeit steht vor der Tür, und damit stellt sich für Autofahrerinnen und Autofahrer wieder die Frage: Wo gilt eigentlich Winterreifenpflicht? Und was muss ich beachten, wenn ich mit dem Auto ins europäische Ausland fahre? Die Regeln sind nicht überall gleich. Hier ein Überblick über die Schweiz und unsere direkten Nachbarländer.

Auf einen Blick

  • In der Schweiz gilt keine generelle Winterreifenpflicht – aber die Pflicht zur sicheren Fahrzeugbeherrschung.

  • In vielen europäischen Nachbarländern gelten fixe Winterreifenzeiträume oder regionale Vorschriften.

  • Nicht angepasste Bereifung kann zu Bussen, Versicherungsproblemen oder Unfallrisiken führen.

Winterreifenpflicht in der Schweiz: Keine allgemeine Pflicht, aber Pflicht zur Beherrschung

In der Schweiz gibt es keine allgemeine gesetzliche Pflicht, vom Gesetzgeber vorgeschriebene Winterreifen aufziehen zu müssen. Sie dürfen grundsätzlich das ganze Jahr mit Sommerreifen fahren. Aber: Gemäss Schweizer Strassenverkehrsgesetz müssen Sie Ihr Fahrzeug jederzeit beherrschen können. Bei winterlichen Verhältnissen wie Schnee, Eis oder Glatteis gehört dazu zwingend eine den Verhältnissen angepasste Ausrüstung. Fahren Sie dann mit Sommerreifen und verursachen einen Unfall, weil Ihr Fahrzeug nicht genügend Grip hatte, kann Ihre Versicherung dies als grobfahrlässig einstufen und Leistungen kürzen oder Regress nehmen. Behindern Sie zudem aufgrund ungeeigneter Bereifung den Verkehr, können Sie mit einer Busse belegt werden. Die gesetzliche Mindestprofiltiefe beträgt generell 1,6 mm, für Winterreifen werden jedoch mindestens 4 mm empfohlen, um sicheren Halt zu gewährleisten.

Winterausrüstung in Frankreich: Neue Regeln in den Bergregionen

Auch Frankreich kennt keine generelle Winterreifenpflicht auf allen Strassen. Eine wichtige Neuerung betrifft jedoch bestimmte Bergregionen (in 48 Départements der französischen Bergmassive). Dort gilt zwischen dem 1. November und dem 31. März eine Winterausrüstungspflicht. Sie haben in diesen gekennzeichneten Zonen die Wahl: Entweder Sie rüsten Ihr Fahrzeug mit vier Winterreifen aus (ideal mit Alpine-Symbol und/oder M+S-Kennzeichnung) oder Sie müssen Schneeketten oder textile Haftbehelfe (Schneesocken) für mindestens zwei Antriebsräder mitführen und bei Bedarf montieren. Die betroffenen Gebiete sind durch spezielle Verkehrsschilder gekennzeichnet. Die Mindestprofiltiefe für Winterreifen sollte mindestens 3,5 mm betragen. Die klassische Schneekettenpflicht bei entsprechenden Strassenschildern bleibt bestehen; Ketten müssen an den Antriebsrädern angelegt werden.

Winterreifen in Italien: Regionale Vielfalt und klare Schilder

In Italien gibt es keine landesweit einheitliche Winterreifenpflicht. Die Regelungen sind Sache der einzelnen Provinzen und Strassenbetreiber und können variieren. Oft wird situativ oder für festgelegte Zeiträume (oft vom 15. November bis 15. April) eine Winterausrüstungspflicht angeordnet. Dies bedeutet, Sie müssen entweder Winterreifen montiert haben oder passende Schneeketten im Fahrzeug mitführen. Die Pflicht wird immer durch entsprechende Hinweisschilder ("obbligo di pneumatici invernali o catene a bordo") angezeigt. Beispiele für feste Zeiträume sind das Aosta-Tal (15. Oktober bis 15. April) oder bestimmte Abschnitte wie die Brennerautobahn A22 in Südtirol (oft 15. November bis 15. April). Die gesetzliche Mindestprofiltiefe beträgt 1,6 mm, aber 4 mm werden für Winterreifen empfohlen. Bei vorgeschriebener Schneekettennutzung gilt ein Tempolimit von 50 km/h.

Winterreifenpflicht in Deutschland: Situativ und neu mit Alpine-Symbol

In Deutschland gilt die "situative" Winterreifenpflicht. Das heisst, bei Vorliegen von winterlichen Strassenverhältnissen (Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte) müssen Sie mit Winterreifen fahren. Eine feste zeitliche Pflicht gibt es nicht. Wichtig: Seit dem 1. Oktober 2024 werden nur noch Reifen mit dem Alpine-Symbol (Schneeflocke im Berg) als Winterreifen im Sinne des Gesetzes anerkannt. Ältere M+S-Reifen ohne Alpine-Symbol, die vor dem 1. Januar 2018 hergestellt wurden, fallen nicht mehr unter die Übergangsregelung. Wer bei winterlichen Verhältnissen ohne geeignete Bereifung unterwegs ist, riskiert eine Busse (ab 60 Euro) und einen Punkt. Auch hier werden mindestens 4 mm Profiltiefe für winterliche Bedingungen empfohlen. Schneeketten sind nur dort vorgeschrieben, wo blaue Schilder dies anzeigen, und auch dann gilt Tempo 50 km/h.

Winterreifen in Österreich: Situative Pflicht im festgelegten Zeitraum

Österreich kombiniert einen festen Zeitraum mit einer situativen Pflicht. Für PKW bis 3,5 Tonnen gilt vom 1. November bis zum 15. April eine situative Winterausrüstungspflicht. Bei winterlichen Fahrbahnverhältnissen (Schnee, Schneematsch oder Eis) müssen Sie Winterreifen montiert haben. Bei geschlossener Schnee- oder Eisdecke auf der Strasse dürfen alternativ auch Schneeketten an den Antriebsrädern verwendet werden, falls keine Winterreifen montiert sind. Winterreifen müssen mindestens 4 Millimeter Profiltiefe (Radialreifen) aufweisen und eine entsprechende Kennzeichnung (M+S, M.S., M&S, idealerweise mit Alpine-Symbol) tragen. Unnötiges Fahren mit Schneeketten auf freier Fahrbahn kann ebenfalls bestraft werden. Bei Kettenpflicht gilt auch in Österreich Tempo 50 km/h.

Fazit

Obwohl die Schweiz keine generelle Winterreifenpflicht kennt, ist eine angepasste Bereifung im Winter aus Sicherheits- und Versicherungsgründen unerlässlich. Im benachbarten Ausland gibt es teils feste Zeiträume, teils situative oder regionale Pflichten. Informieren Sie sich immer vor Ihrer Winterreise über die genauen Bestimmungen in den Ziel- und Transitländern und rüsten Sie Ihr Fahrzeug entsprechend aus – für Ihre Sicherheit und um Bussen oder Ärger mit der Versicherung zu vermeiden.

JUSTIS Rechtsschutz-Tipp

Ob Schweiz, Frankreich oder Italien: Wer mit ungenügender Bereifung im Winter unterwegs ist, riskiert mehr als nur eine Busse – auch der Versicherungsschutz kann eingeschränkt sein. Informieren Sie sich frühzeitig und rüsten Sie Ihr Fahrzeug korrekt aus. Bei Unsicherheiten beraten wir Sie gerne zu Ihren Rechten.

Gepostet am 7. Dezember 2016