Familie

Zuletzt aktualisiert am 20. April 2025

Wenn Papi und Mami sich das Sorgerecht teilen: Was gemeinsames Sorgerecht in der Schweiz bedeutet

Seit dem 1. Juli 2014 hat sich das elterliche Sorgerecht in der Schweiz grundlegend verändert. Wenn sich verheiratete Paare mit minderjährigen Kindern trennen oder scheiden lassen, ist die gemeinsame elterliche Sorge nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel. Auch für unverheiratete Eltern wurde die Möglichkeit und Förderung der gemeinsamen Sorge gestärkt. Was bedeutet diese Neuerung für Sie?

Auf einen Blick

  • Gemeinsame Sorge ist Regelfall: Seit 2014 erhalten verheiratete und unverheiratete Eltern grundsätzlich die gemeinsame elterliche Sorge.

  • Wichtige Entscheidungen nur gemeinsam: Ein Umzug mit dem Kind, der das Umgangsrecht betrifft, braucht die Zustimmung beider Elternteile.

  • Alleinige Sorge bleibt Ausnahme: Nur wenn das Kindeswohl gefährdet ist, kann einem Elternteil das alleinige Sorgerecht zugesprochen werden.

Was ist neu seit dem 1. Juli 2014?

Die wichtigste Änderung ist die Umkehr des Prinzips bei verheirateten Eltern, die sich scheiden lassen. War früher standardmässig einem Elternteil die alleinige Sorge zugesprochen worden, erhalten Eltern nun im Normalfall automatisch das gemeinsame Sorgerecht. Dies geschieht unabhängig davon, welcher Elternteil die Obhut über das Kind hat (also bei wem das Kind hauptsächlich lebt).

Mit der gemeinsamen Sorge geht auch einher, dass die Eltern neu gemeinsam über den Aufenthaltsort des Kindes bestimmen. Das heisst, wenn ein Elternteil mit dem Kind umziehen möchte und dieser Wohnortwechsel erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge oder den persönlichen Verkehr (Umgangsrecht) des anderen Elternteils hat, ist die Zustimmung des anderen Elternteils erforderlich. Dies betrifft insbesondere Umzüge über grosse Distanzen innerhalb der Schweiz oder Umzüge ins Ausland. Ein kleiner Umzug im selben Quartier oder in eine Nachbargemeinde, der das Besuchsrecht kaum beeinflusst, erfordert in der Regel keine Zustimmung, aber eine Information an den anderen Elternteil ist geboten.

Die Ausnahmen: Wann alleinige Sorge?

Die gemeinsame elterliche Sorge ist der gesetzliche Regelfall, weil sie dem Wohl des Kindes am besten dienen soll. Die alleinige Sorge eines Elternteils wird künftig nur noch in Ausnahmefällen angeordnet, nämlich dann, wenn das gemeinsame Sorgerecht dem Wohl des Kindes nachweislich schaden würde. Dies ist beispielsweise der Fall bei schwerwiegenden Konflikten zwischen den Eltern, die auf das Kind negativ abfärben, bei Gleichgültigkeit oder mangelnder Erziehungsfähigkeit eines Elternteils oder bei Gewalt. Gerichte und Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) beurteilen solche Situationen im Einzelfall. Die Hürden für die Zuteilung der alleinigen Sorge sind dabei hoch.

Bei unverheirateten Paaren

Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, erhalten sie das gemeinsame Sorgerecht nicht automatisch mit der Geburt.

  • Wenn die Eltern sich einig sind, können sie die gemeinsame elterliche Sorge jederzeit beim Zivilstandsamt oder der KESB gemeinsam beantragen und wird dann in der Regel bestätigt.
  • Können sich die Eltern nicht einigen oder beantragt nur ein Elternteil die gemeinsame Sorge, entscheidet die KESB am Wohnsitz des Kindes. Die KESB wird die gemeinsame Sorge auch gegen den Willen eines Elternteils anordnen, wenn dies dem Wohl des Kindes dient – es sei denn, die gemeinsame Sorge würde das Kindeswohl gefährden.
  • Stellt kein Elternteil einen Antrag auf gemeinsame elterliche Sorge, verbleibt das Sorgerecht nach wie vor allein bei der Mutter.

Fazit

Die Gesetzesänderung von 2014 hat das gemeinsame elterliche Sorgerecht zur Norm für alle Eltern gemacht, unabhängig von ihrem Zivilstand bei Geburt oder im Falle einer Scheidung. Ziel ist es, dass beide Eltern auch nach einer Trennung gemeinsam Verantwortung für wichtige Entscheidungen im Leben des Kindes tragen. Die genauen Regelungen bei Umzug oder Uneinigkeit müssen die Eltern miteinander oder, falls nötig, mit Unterstützung der zuständigen Behörden klären, immer mit dem Wohl des Kindes im Zentrum.

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Gepostet am 24. Mai 2017